Doña Carmen e.V., Verein für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten, protestiert aufs Schärfste gegen die jüngste Allgemeinverfügung der Stadt Frankfurt vom 31.08.2021 (vgl.
https://frankfurt.de/service-und-ra...nd-ehrenamt/coronavirus--fragen-und-antworten).
Sie macht mit der Vorgabe "PCR-Test statt Antigen-Schnelltest" einen verschärften Covid-Negativnachweis zur Voraussetzung für einen Bordell-Besuch bzw. für den Besuch eines Etablissements in der Wohnungsprostitution.
Dieser neue für Prostitutionsstätten (aber auch für Tanzlokale, Diskotheken und Clubs) geltende verschärfte Negativnachweis kommt einem de-facto-Lockdown im Rotlicht gleich: Denn wer wird sich schon für teures Geld erst einem PCR-Test unterziehen oder möglicherweise noch zwei Tage auf entsprechendes negatives Ergebnis warten, um dann anschließend den lange zuvor geplanten Bordellbesuch endlich nachzuholen? Das wird nicht passieren.
Diese absurde Maßnahme hat nicht das Geringste mit Gesundheitsschutz zu tun, wie Gesundheitsdezernent Stefan Majer (DIE GRÜNEN) der Öffentlichkeit in der Begründung der Allgemeinverfügung vorgaukelt, sondern richtet sich mutwillig und willkürlich gegen einige wenige Branchen, darunter das Prostitutionsgewerbe, während die Innen- und Außen-Gastronomie, Sportstätten Fitnessstudios und sonstige körpernahe Dienstleistungen davon ausgenommen sind.
Die erneute rechtliche Ungleichbehandlung der Prostitutionsbranche gegenüber anderen Dienstleistungsbranchen ist leicht zu durchschauen, aber durch nichts gerechtfertigt.
Wer glaubt im Ernst, dass der Frankfurter Gesundheitsdezernent Majer in der Lage wäre zu begründen, warum von den von der verschärften Negativ-Nachweispflicht nicht betroffenen Fitnessstudios weniger Aerosole und damit weniger Ansteckungspotential ausgehen soll als von sexuellen Dienstleistungen in Bordellen, in denen ohnehin nur 1:1-Kontakte in separaten Zimmern die Regel ist?
Um die schikanöse Behandlung unter dem Vorwand von Gesundheitsschutz komplett zu machen verfügt die Stadt Frankfurt, dass "während der Erbringung körpernaher Dienstleistungen", mithin auch für Sexarbeiter*innen und ihre Kunden*innen, eine Maskenpflicht auch dann gelten soll, wenn Sexarbeiter*innen und Kunden über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen. (Von dieser Schikane ist das Personal von Alten- und Pflegeheimen bezeichnenderweise ausgenommen.)
Die Stadt Frankfurt begründet ihre Allgemeinverfügung mit dem Hessischen Eskalationskonzept vom 17.08.2021. Das aber ist anachronistischerweise ausschließlich an der Covid-19-Inzidenz orientiert. Dieser verkürzte Blickwinkel ist bei einer Impfquote von über 60 % völlig inakzeptabel, wie mittlerweile allgemein anerkannt.
Maßgeblich müsste die Hospitalisierungsrate sein. In Frankfurt mit seinen 753.000 Einwohnern aber liegen zurzeit mit Covid-19 lediglich 51 Personen auf Normalstationen, 23 Personen auf Intensivstationen, von denen ca. 12 Personen beatmet werden (Begründung Allgemeinverfügung).
Weder ist erkennbar, dass damit das Frankfurter Gesundheitswesen kurz vor dem Kollaps steht, noch stehen diese Zahlen in irgendeiner nachweislich kausalen Verbindung zu Vorgängen im Prostitutionsgewerbe.
So heißt es in der Begründung der Verschärfungen durch die jüngste städtische Allgemeinverfügung bezeichnenderweise: "Den Erkenntnissen des städtischen Gesundheitsamtes zufolge gehen Ansteckungen vorwiegend weiterhin auf Übertragungen im privaten Bereich bzw. häuslichen Umfeld zurück. Unverändert bleibt für einen größeren Anteil der Ansteckungsort der Infektionen unklar." (Amtsblatt S. 293)
Trotz dieses öffentlich eingeräumten Nicht-Wissens schwadroniert die Begründung der städtischen Verfügung im Hinblick auf Prostitution völlig faktenfrei von "besonders ansteckungsträchtigen Bereichen", wo die "Gelegenheit für zahlreiche Kontakte" ein "erhebliches Weitertragungspotenzial" habe. Das ist jedoch kompletter Unsinn. Tatsache ist, dass bereits jetzt lediglich Geimpfte, Genese und Getestete Zutritt zu Bordellen haben. Von einem "erheblichen Weitertagungspotenzial" kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Bordellbetreiber haben in Frankfurt/Main eigene Schnelltest-Möglichkeiten aus dem Boden gestampft und organisiert. Deren Nutzung war im Zweifel die Voraussetzung des Zutritts zu den Bordellen. All diese Bemühungen kann man nun in die Tonne kloppen
Die erneute städtische Diskriminierung des konzessionierten Prostitutionsgewerbes wird vor keinem unbefangenen Verwaltungsgericht Bestand haben. Die neue Frankfurter Allgemeinverfügung leistet mit Bezug auf das hiesige Prostitutionsgewerbe nur eines:
- Man provoziert Prozesse, in der Hoffnung, dass sich die richterliche Entscheidungsfindung in die Länge zieht.
- Man treibt die vom PCR-Test-Terror betroffenen Sexarbeiter*innen noch weiter ins Elend und in die Verzweiflung. Denn es nützt nichts, die Bordelle offen zu lassen, wenn ohnehin keine Kundschaft kommt.
- Die Abwanderung der Frauen in sich verfestigende informelle Strukturen wird immens beschleunigt. An Gesundheitsschutz ist unter solchen Umständen kaum zu denken.
- Darüber hinaus wird die erneute diskriminierende Ungleichbehandlung des Prostitutionsgewerbes (sowie der Diskotheken und Clubs) eine staatlich und behördlich provozierte Pleitewelle auslösen und dazu beitragen, die legalen Strukturen im Prostitutionsgewerbe zu zerstören.
Eine solche Politik ist in höchstem Maße verantwortungslos. Sie ist ein weiterer Versuch, mit aller Gewalt die Impfpflicht durch die Hintertür durchzusetzen. Dies geschieht auf dem Rücken der betroffenen Sexarbeiter*innen, deren Existenznot einen grünen Gesundheitsdezernenten offenbar nicht schert.
Der Irrsinn, mit dem (gestützt auf das so genannte Hessische "Präventions- und Eskalationskonzept") bedenken- und gnadenlos gegen die Vergnügungs- und Prostitutionsbranche Front gemacht wird, lässt sich nur noch mit entsprechenden Bestrebungen der Taliban und anderer fundamental-islamistischer Vereinigungen vergleichen, mit denen er auf einer Stufe steht.
Diese Talibanisierung im Umgang mit der Prostitutions- und Vergnügungsbranche hat mit einem zivilisierten, aufgeklärten gesellschaftlichen Umgang oder mit Gesundheitsschutz nicht das Geringste zu tun. Ihr muss entschieden Einhalt geboten werden.
Doña Carmen e.V. fordert:
Schluss mit der schleichenden Talibanisierung im Umgang mit der örtlichen Prostitutions- und Vergnügungsbranche!
Die Frankfurter Römer-Parteien müssen in Wiesbaden ihren Einfluss geltend machen und das unsägliche "Hessische Eskalationskonzept" vom 17.08.2021 (auf das sich die städtische Allgemeinverfügung bezieht) zugunsten angemessener und realistischer Konzepte kippen!
Die schikanösen und Existenz vernichtenden Maßnahmen gegen die örtliche Prostitutions- und Vergnügungsbranche müssen umgehend zurückgenommen werden.